Die essbare Stadt feiert sich am Erntefest

Unvergessbar am ErntefestUnvergEssbar beim Erntefest Witzenhausen

am 24. und 25. August 2013

mit einem  
unvergEssbar-Stadtrundgang ab Marktplatz 11 Uhr
und dem
unvergEssbar-Buffet in der Pflückoase Brückenstr. 20
um 18 Uhr vor dem TT-Laden 
 
 
Derzeit findet man in und um Witzenhausen gehäuft Menschen mit gesteigertem Jäger- und Sammlertrieb. Der Grund: es ist Haupterntezeit in den gemäßigten Zonen der nördlichen Hemisphäre und somit auch im Werratal.
Hunderte helfende Hände bereiten währenddessen eifrig das 154. Witzenhäuser Erntefest vor.
 
Eine Ernte einzufahren ist eines der wichtigsten Prinzipien der Transition Town – Bewegung. Die Ernte ist die Belohnung für die schmutzigen Gummistiefel, die unzähligen abgesammelten Schnecken und die Liebe, die wir unseren großen und kleinen Gewächsen entgegengebracht haben. Ernten ermutigt weiterzumachen, die Sache aufrechtzuerhalten, zu verbessern und eine gute Ausgangsposition für weitere Schritte zu schaffen. Am Ertrag der Ernte wird der Erfolg gemessen, und erfolgreiche Systeme breiten sich aus – leider auch diejenigen, die für Mensch und Natur von zweifelhaftem Nutzen sind.
 
Man würde annehmen können, dass sich das Wort für Ernte aus dem gleichen Ursprung wie das ähnlich klingende Wort Energie ableitet. Weit hergeholt ist das in Anbetracht der Tatsache nicht, dass uns ohne Sonnenenergie die Grundlage für unsere gesamte Nahrung entzogen bliebe. Da wir uns aber um die Zuverlässigkeit unserer Sonne die nächsten paar Millionen Jahre keine Sorgen machen müssen, bleibt die Frage, warum nur noch so wenige Nahrungsmittel aus der Region kommen.
 
Was viele nicht wissen, ist, dass es seit der Erfindung des sehr energieaufwändigen Haber-Bosch-Verfahrens, mit dessen Hilfe man mineralischen Kunstdünger aus Luftstickstoff synthetisiert, eine überaus kostengünstige Methode zur Anwendung in der großflächigen Landwirtschaft gab. Billiges Erdöl täuscht bis heute darüber hinweg, dass wir uns von dieser Art der Landwirtschaft komplett abhängig gemacht haben, und darüber hinaus viele Grundlagen, wie wir ohne Öl vor Ort selbst wieder Obst und Gemüse anbauen können verloren haben. 
 
Beim Thema Kunstdünger assoziiert man hierzulande auch die durch die K+S versalzte Werra mit ihren desaströsen Konsequenzen. Doch die moderne Landwirtschaft ist für unsere Nahrungsmittelversorgung und einen optimalen Anbau auf oft global gehandelte Agrarrohstoffe angewiesen. Auch muss die Ernte von weither ja erstmal zu uns, das heißt in unsere Supermärkte kommen. Auch hier geht ohne ordentlichen Diesel gar nichts.
 
Auf dem Erntefest selbst ist das Thema der (regionalen) Ernte im direkten Sinne eher ins Hintertreffen geraten. Auch wenn es ein schöner Moment der Gemeinschaft ist, in der sich die verschiedenen Akteure, Geschäfte, Institutionen und andere präsentieren, zusammenkommen und feiern, geht es bei den wenigsten darum, dass man sich, so wie früher von der Ernte erholt und diese in einem ErnteDANKfest zusammen feiert.
Schon das Datum trägt dazu bei. In den ersten Jahrzehnten fand das Erntefest Ende September, ja gar Mitte Oktober statt. Eben dann wenn die Ernte größtenteils erledigt war.
Ende August hätten die Witzenhäuser ja auch gar keine Zeit zum ausschweifenden Feiern gehabt, da damals fast alle in die Ernte eingebunden waren.
 
Und auch heute sind es gar nicht so wenige Menschen in Witzenhausen, die auf einem Stück Land oder in Kübeln  Gemüse  und Sträucher anbauen, die durch die CSAMitgliedschaft Bezug zu „ihrer“ Landwirtschaft haben, die Obstbäume beernten und für den Winter einkochen. Es gibt also immer noch einen Grund die Ernte zu feiern, auch wenn sich der allgemeine Kontext stark geändert hat und die meisten den Großteil ihrer Ernährung über Supermarkteinkäufe „sichern“.
 
An dieser Stelle knüpft das Projekt UnvergEssbar an. Es geht nicht darum, von heute auf morgen alle Witzenhäuser zu Selbstversorgern zu machen, die sie niemals waren. Schon vor 500 Jahren waren die Menschen hier in globalen Handel eingebunden, aufgrund der günstigen Verkehrslage.
Es geht viel mehr darum, ein Bewusstsein für den Wert von regional erzeugten Nahrungsmitteln zu schaffen und uns Stück für Stück unabhängiger von globalen und kommunalen Krisen zu machen. Aus diesem Grund werden wir auch mit UnvergEssbar auf dem Erntefest präsent sein und die bereits erreichte- wenn auch nocht geringe- Ernte gemeinsam feiern. Und so mit Kraft und Elan in die nächste Anbausaision starten können, mit neuem Wissen, neuen Ideen und hoffentlich noch mehr Menschen, die sich dem UnvergEssbarGedanken anschließen können.
 
Positiv überrascht sind wir  sowieso über die Resonanz, mit der die Menschen Patenschaften für Kübelpflanzen im Rahmen von Unvergessbar übernommen haben. Schon an mehr als 30 Standorten in Witzenhausen heißt es nun „Pflücken erlaubt“. 
 
Im Rahmen des Erntefestes möchten wir, die Transition Town – Stadt im Wandel-Initiative, mit den Witzenhäusern die Ernte der essbaren Stadt feiern. Beginn ist am Samstag, den 24. August um 11 Uhr am Marktplatz mit einem unvergEssbaren Stadtrundgang, der an verschiedenen Stationen der essbaren Stadt vorbeiführt und die  Agrargeschichte Witzenhausens mit dem Beernten der aktuellen städtischen  Gartenflächen verbindet.
Um 18 Uhr wird es ein unvergEssbares Buffet in der Brückenstrasse  geben. Alle sind herzlich eingeladen mit der Ernte aus dem eigenen  Garten zum Buffet beizutragen. Um Voranmeldung zu Stadtrundgang und  Buffet wird gebeten unter   info@ttwitzenhausen.de, 05542 6170347, in der Tourist Information oder während der Ladenöffnungszeiten im Transition Laden Brückenstrasse 20.
 
Auch beim Erntefestumzug wird UnvergEssbar mit dabei sein. Lassen wir uns überraschen!
 
P.S.: Und ja – wir müssen auch noch lernen wie’s richtig geht. Bis jetzt macht’s auf jeden Fall eine Menge Spaß (für die, die nicht gießen müssen). 
 
Anregungen, Feedback, Pflanztipps, anpackende Hände und (Samen-)Spenden sind auf’s herzlichste erwünscht!