Transition Town beim Erntefest

Beim unvergEssbaren Stadtrundgang morgens um 11 Uhr waren nur vier TeilnehmerInnen mit dabei- aber dafür war der Austausch umso interessanter. Eine Dame kam sogar extra aus Bad Sooden angeradelt, wo sie derzeit kurt, um sich Inspirationen zu holen, wie sie ihren Heimatort ebenfalls in eine „essbare Stadt“ verwandeln kann.

Angekündigt haben wir den Stadtrundgang singend auf der Bühne am Marktplatz, wo gerade ein Kinderliedercontest lief. Auch wenn es ein netter Versuch war, merkten wir mal wieder, wie dringend nötig es ist, dass Starkomponist E.W. aus Witzenhausen endlich mit uns die „UnvergEssbar Hymne“ einstudiert. Herbstzeit ist Kulturzeit- es ist also nur noch eine Frage der Zeit!

Während des Rundgangs konnten wir eine ganze Menge ernten, in Pflückoasen, Schaugarten und im Abholraum der CSA. Zucchini, Möhren, Kohlrabi, Mangold, Salate, Tomaten, Frühlingszwiebeln, jede Menge Kräuter, unter ihnen Dost, Indianernessel, Basilikum, Kapuzinerkresse, Currykraut, Rosmarin, Lavendel, Johanniskraut, den guten alten Löwenzahn und vieles vieles mehr.

 Daraus zauberten wir dann unter Hochdruck in den nächsten Stunden die verschiedesten Gerichte. Wie immer funktionierte die Vorbereitung mit dem magischen Faktor „X“, nämlich den vielen Menschen, die scheinbar zufällig auftauchen und unbekümmert fragen: „Kann ich etwas helfen?“ Während des Kochens gestalteten wir noch unsere neue Außenküche und das Außengelände des Transition Hauses. Ein schöner Synergieeffekt übrigens bei unseren Veranstaltungen, dass dadurch immer Strukturen vorankommen, die uns dann im ganze „normalen“ Transition Alltag auch weiterhelfen.

Eine Auswahl des Menüs das fast (!) pünktlich um 18:24 und 32 Sekunden auf dem Tisch in der Brückenstrasse stand:

Kräuterbutter, Kräuterquark, Tomaten mit Mozzarella und Basilikum, Tzazikisauce, gegrillte Gemüsesticks, bunte Salatplatte, Gemüsesuppe mit gebratenen Mangoldstrünkchen, Pommes Frites, Kartoffelpuffer, gefüllte Champignons, Obstsalat, Obst- und Greensmoothies, Kräutertees, Apfelsaft

Rund 40 Menschen von groß bis klein setzten sich an die hübsch gedeckte Tafel und wir konnten es selbst kaum fassen, wie kultiviert wir sein können, wenn wir wollen. Auch einige Geschäftsleute und NachbarnInnen aus der Brückenstrasse ließen sich das ganz besondere Ernte-Fest nicht entgehen.

Im Anschluss gab es noch die Witzenhausen-Premiere des UnvergEssbar Films zu sehen, welcher erst vor 2 Wochen in der Witzenhäuser Innenstadt gedreht worden war, sehr gelungen. Sicher stellen wir ihn bald auf unsere Seite, so dass ihr ihn auch sehen und schmunzeln könnt.

Gemeinsam räumten wir den Laden recht schnell wieder auf und ruhten für ein paar Stunden. Denn schon um 9 Uhr morgens am Sonntag ging es weiter: Nun hieß es, die Wagen für den Umzug zu schmücken. Auch hier war der Faktor „X“ wieder dringend von Nöten.

Man muss sich das- vorallem als Nicht-WitzenhäuserIn- so vorstellen: Viele Einheimische leben das halbe, manche sogar das ganze Jahr NUR für das Erntefest. Es gibt in Witzenhausen einen Mann, der wäscht und BÜGELT alle Wimpel, Fähnchen und Fahnen das ganze Jahr zuhause, damit sie Ende August wieder als Festdeko dienen und das über all die Jahre. Es sind zehntausende von Stoffstücken, die der gute Mann da in seine Obhut nimmt. Es gibt Vereine, die fangen spätestens im April mit der Planung und Anfang August mit der Umsetzung des Erntefestwagens an.

 

Und es gibt Transition Town e.V..

Unser Plan war: 1-2 Fahrradanhänger, Bollerwagen, irgendwie Gemüse und frische Blumen pflücken. Dabei sein ist alles und hoffen, dass bis 13 Uhr genug Leute auftauchen, die all unsere Schilder, Banner und Gemüsewägen tragen und schieben können.

 Und auch wenn wir dieses Jahr noch keinen Publikumspreis gewinnen konnten ( wir möchten uns ja auch noch steigern können!), haben wir doch letzlich ein gutes Bild abgegeben. Zumindest einen kleinen Kontrast schaffen können. Hinter uns die Marschkapelle, vor uns Wägen, die eine eigene Bierzapfanlage auf dem motorisierten Anhänger hatten.

Wir waren mit nüchterner 6 MS ( Menschenkraft) unterwegs und einem E-Mobil, welches Johannes aus dem Klangraum spontan gegen 12:40 auf den Hinterhof gebracht hatte, um ihn noch zu dekorieren!

Die Farbe auf den Bannern war auch gerade so trocken, als wir halbherzig grün-lila gekleidet zu unserer Wagennummer 74/75 hetzten. Alle anderen waren natürlich schon da, die mit den Schankanlagen und Bierkästen auf den Wägen sahen auch entspannter aus als wir Hardcore-GärtnerInnen und hinter uns scharrten sie schon die Hufe und schnarrten auf der Snaretrommel.

So mussten wir auch gar nicht lange warten, bis wir das Bad in der jubelnden Menge genießen durften, und das war nicht zu verachten: Allerorten wurde applaudiert, sobald wir auftauchten, viele bekannte Gesichter lachten, als sie uns sahen und die meisten waren sehr an der Bonbonalternative Mirabellen, Cherrytomaten und Trauben interessiert. Am Ende des Zuges verschenkten wir dann noch die ganze Deko, warfen Kartoffeln, Karotten und Fenchel in die Menge.

Einziges Manko, so resümierten wir angekommen auf der anderen Seite der Brücke: Das Ganze war einfach zu schnell dabei. Mit einem Affenzahn düste der ganze Zug durch die Innenstadt, so schnell, dass keine Zeit für einen Wortwechsel war, ja nicht mal um einen Schluck Wasser zu trinken. Die Menschen, die sich Obst aus unseren Körben nahmen, mussten teilweise ein Stück mitlaufen, damit wir nicht ganz den  Anschluss verloren. Und doch war bald schon ein ein großer Abstand zum Eishockeyteam vor uns. Vermutlich ist der Zug zu schnell (geworden), weil die meisten Gruppen motorisiert sind.Schade ist es allemal, denn bei der ganzen Mühe möchte man doch vorallem genießen.Letztlich sind wir aber sehr froh, dabei gewesen zu sein, aller Unkenrufe zum Trotz, um wir denn bei „sowas“ überhaupt mitmachen können.

Dass wir können, haben wir letztes Wochenende bewiesen. Und es hat sogar eine Menge Spaß gemacht. Denn schließlich sind wir „Stadt und Menschen im Wandel“. Und dazu gehört auch, Feste, die Einheimischen wichtig sind, mitzufeiern, vorallem wenn es dann sogar noch um die Ernte geht. Dass können wir auf unsere Weise tun und somit auch die Dinge, die uns wichtig sind, direkt aufs Fest und ins Gespräch bringen. So waren wir tatsächlich die einzige Gruppe, die eine echte Gemüseernte auf ihren Wägen präsentierte und den Kontext zur Ernte in den Veranstaltungen herstellte.

Mal sehen, was es bewirkt hat…wir freuen uns schon aufs nächste Erntefest!

Bedanken möchten wir uns bei Bäckerei Bretthauer, Bäcker Henner, Tegut, Schachtelhalm sowie den Mitgliedern der CSA Freudenthal für die Lebensmittelspenden.